Faule Kompromisse: Datensicherheit
Morgen treffe ich mich mit den liebsten meiner ehemaligen Kollegen. Darauf freue ich mich. Man (ich) verliert sich so leicht aus den Augen, wenn es keinen gemeinsamen Alltag mehr gibt. Denn leider bin ich nicht besonders gut in Sachen Kontaktpflege. Darum hatte ich bis vor 3 Jahren – und habe ich seit einem Jahr – auch keinen nennenswerten Bekanntenkreis. Die Episode dazwischen hieß Faithbook.
Seit ich meinen Faithbook-Account deaktiviert habe (nein, ich gebe mich nicht der Illusion hin, dort gelöscht worden zu sein), bin ich nun wieder darauf angewiesen, dass sich Freunde die Mühe machen, mich eigenmotiviert und vergleichsweise umständlich zu benachrichtigen. Diese Schnittstelle zwischen mir und der Faithbook-Welt bildeten bislang Gartenzaun, Telefon und WhatsApp. Nun hat Faithbook WhatsApp gekauft, den Gartenzaun werde ich mit Klauen und Zähnen verteidigen, und das Telefon mag ich nicht besonders. Eigentlich war diese Einverleibung erwartbar. Und natürlich gibt es Alternativen für WhatsApp, um die ich mich schon viel früher hätte bemühen wollen:
So sperrig „UURRPZXS“, meine neue Threema-ID, auch ist, so erfreut bin ich darüber, nicht mehr jedem meine Handynummer offenbaren zu müssen, mit dem ich eine Konversation führen möchte. Die hohe Wechselbereitschaft auf Twitter lässt mich sogar hoffen, eine dass sich mit Threema eine Alternative zu DM-Konversationen etabliert. Denn denen stehe ich ähnlich zwiespältig gegenüber wie den integrierten Messengerdiensten anderer sozialer Netzwerke.
Wenn ich mit meinen Freunden (Bekannte habe ich ja nun leider keine mehr) über Datenschutz rede, bin ich immer wieder erstaunt, wie unterschiedlich dieses Thema persönlich genommen und praktisch gehandhabt wird. Aber alle (wirklich alle) verbindet das Gefühl, selbst inkonsequent zu sein – es eigentlich besser zu wissen.
Es ist also immer ein bisschen unangenehm, über den Umgang mit persönlichen Daten im Internet zu sprechen. Darum mache ich jetzt mal den Anfang und offenbare, wie das so bei mir mit dem alltäglich Schutz meiner Privatsphäre gehandhabt wird (nicht wie es sein sollte, und was mir der Chaos-Computer-Club beigebracht hat).
1. Meine Gedankenspiele sind öffentlich lesbar. Das ist vielleicht uncool, hat mir aber die Liebe meines Lebens und ein paar wirklich gute Freunde zuteil werden lassen.
2. Meine Arbeits-Ich ist öffentlich kaufbar. Das finde ich anstrengend und unangemessen, sehe aber ein, dass Verweigerung hier rechtlich unzulässig und betriebswirtschaftlicher Humbug ist.
3. Mein Privat-Ich teilt gerne Schnappschüsse von alltäglichem Kleinkram und besonderen Momenten.
4. In „bescheuerte Passwörter“ und „falsche Geburtsdaten“ bin ich aber vorbildlich!
Alle diese Bereiche teile ich online. In allen Bereichen, ist mir bewusst, dass wirklicher Datenschutz eine Utopie ist. Dennoch will oder kann ich keinen der Bereiche aufgeben. Darum orientiert sich ein Handeln an diesen drei Bedürfnissen:
Ich will meine virtuellen Identitäten voneinander trennen, solange dies möglich ist.
Ich möchte den größtmöglichen Einfluss auf meine Daten behalten.
Ich möchte nicht die Rechte Dritter verletzen.
Um zu „den Guten“ zu gehören bin ich leider zu bequem, zu gesellig und zu unvorsichtig …
… und Ihr so?
Foto: Matt Westervelt