Auf Tuchfühlung mit meiner Leiche
Vor einiger Zeit habe ich im SWR einen Radiobeitrag gehört, der etwas mit mir gemacht hat: Zurück zur beseelten Natur – Plädoyer für einen Paradigmenwechsel von Andreas Weber.
Alle Wesen, auch wir, wechseln den Stoff miteinander: Wenn wir einen Apfel essen, so wird der Stoff, aus dem er besteht, zu unserem Körper. Mit jedem Atemzug, den wir tun, wiederum, löst sich unser Körper in der umgebenden Luft auf. Das CO2, das die anderen einatmen, ist unser Körper, der sich an die Welt hingibt, um sich in den Körper der Bäume zu verwandeln. Bäume sind Atem, könnte man aus der Perspektive der poetischen Biologie sagen. […] Ein Wesen ist nicht eine Seele, die einen Körper bewohnt wie ein mehr oder weniger schickes Konsumgut, sondern ein Stück Welt, das nur blühen kann, wenn andere mit ihm solidarisch sind. […] Man könnte auch sagen: Wir sind berührbar, weil wir essbar sind. Und anders herum: Wir müssen uns essbar machen, um berührbar zu bleiben. Nur wer sich essbar macht, vermag zu blühen. Und nur wer sich essbar macht, ist auch küssbar.
Die Vorstellung, mich nach meinem Tod in ein Festmal zu verwandeln, habe ich schon länger. Initialzündung war der Wikipedia-Artikel zum Walfall. Nun bin ich allerdings kein Flossentier – auch im Geiste nicht. Ich hab’s gern warm und trocken. Darum möchte ich lieber kompostiert werden. Aber bitte nicht ausgestreckt auf dem Rücken liegend, sondern eingekuschelt.
Dass Körperempfinden und Leibhaftigkeit bei meiner Beschäftigung mit dem Altern und Sterben eine so zentrale Rolle spielt, liegt an meiner Angst davor, am Ende meines Lebens bedürftig, ausgeliefert und lästig zu werden. Das ist keine produktive Angst, die mich motiviert, auf meine Gesundheit zu achten und Beziehungen zu pflegen, sondern eine, die blockiert und nur darauf fixiert ist, mein Leben kurz und schmerzlos abzuräumen. Mit dieser Angst hab ich einen Deal gemacht – nennt sich Patientenverfügung und ist eine sinnvolle Exitstrategie für den Notfall – keine lebendige, inspirierende und trösende Zukunftsvision. Doch sobald die in trockenen Tüchern war, hab ich mich wieder getraut, an morgen zu denken und mir mehr vom Leben und Sterben zu wünschen als kurz und schmerzlos.
Und wünschen hilft tatsächlich – denn auch wenn alles anders kommt, hab ich unterwegs ein Lächeln im Gesicht, bleib entspannt und schlafe gut. Und da es ziemlich ausgeschlossen ist, dass ich auf meine alten Tage noch mal anfange, an ein Jenseits zu glauben, male ich mir mein finales Well Being im Diesseits aus. Bilder sind der Schlüssel zur Veränderung, lehrt Frau Hoffmann-Bisinger – und die kennt sich aus.