Nepper, Schlepper, Bloggerfänger
Foto: 1falt.
Vor nun fast 2 Jahren schrieb ich an dieser Stelle ein paar Gedanken zum Thema Ethik & Essen auf. Zur Illustration derer, die ich lieber streichele als sie zu essen, nutzte ich das Lichtbild einer wiederkäuenden Kuh – veröffentlicht unter CC-Lizenz auf Wikimedia.
Beim Umzug meines Blogs geschah nun, was nicht hätte passieren dürfen: Foto und Bildnachweis wurden voneinander getrennt! Ein Missgeschick mit unerwarteten wie weitreichenden Folgen. Denn Monate später erreichte mich eine Abmahnung mit einer Schadenersatzberechnung für eben dieses Foto „ Kuh“ über stolze 450 Euro.
Bei fristgerechter Übersendung einer freundlicherweise beigelegten, juristisch äußerst fragwürdigen Unterlassungserklärung war der großmütige Urheber allerdings bereit, die Summe im Rahmen einer außergerichtlichen Einigung auf € 300,00 zu reduzieren. Dieser Betrag sollte aber ruckzuck (innerhalb der nächsten 10 Tage) auf seinem Konto eingegangen sein.
Ich habe nicht gezahlt.
Stattdessen habe ich das Foto entfernt, eine eigene Unterlassungserklärung formuliert, dem Herrn meine Meinung zu seiner armseligen Geschäftsidee mitgeteilt und seither nichts mehr von ihm gehört oder gelesen.
Damit dürfte ich allerdings eine Ausnahme gewesen sein. Die allgemeine Unsicherheit im Umgang mit Fotos im Internet hat scheinbar dazu geführt, dass lieber voreilig gezahlt als genauer hingesehen wird. Mittlerweile sind auch Anwaltskanzleien auf die geklaute Kuh aufgesprungen und bieten ihre juristische Hilfe für die Opfer der Abzocke des Herrn B. an.
Für alle, die wie ich von Herrn B. wegen unsachgemäßer Kuhfotonutzung angeklagt wurden und sich selbst wehren wollen, hier mein Schreiben zur Inspiration:
Sehr geehrter Herr B.
Ihrer Aufforderung entsprechend habe ich jedes Foto, auf dem eine Kuh erkennbar war, unverzüglich aus meinem Blog entfernt und die Bilddaten vom Server gelöscht.
Falls ich den CC-Lizenzbedingungen aus Versehen nicht in vollem Umfang nachgekommen sein sollte, entschuldige ich mich ausdrücklich dafür.
Leider kann die in Ihrem Schreiben angegebene Internetadresse
[kaputter Link der Redaktion bekannt]
jedoch nicht geöffnet werden.
Ich glaube Ihnen zwar, dass Sie eine Kuh fotografiert haben, bitte aber – da Sie mir gerichtliche Schritte androhen – um einen korrekten Nachweis Ihrer Urheberschaft und der durch Sie bestimmten Lizenzbedingungen, gegen die ich verstoßen haben soll.
Andernfalls sehe ich Ihr Schreiben vom 9.9.2014 sowie Ihre Schadensersatzberechnung aus 2013 als gegenstandslos an.
Wenn Sie sich die Mühe gemacht hätten, meinen privaten Blog, den ich ohne kommerzielles Interesse betreibe, vor dem Abmahnen einmal anzusehen, wäre Ihnen nicht verborgen geblieben, dass ich durchaus sorgfältig mit Bildrechten umgehe, viele eigene Fotos veröffentliche und Fotos mit freier Lizenz teile, deren Fotografen ich namentlich nenne und ihre Internetseiten verlinke. Alle von mir geschriebenen Texte stehen unter einer freien Lizenz und dürfen ausdrücklich genutzt werden.
Damit sollte eindeutig ersichtlich sein, dass ich CC-Lizenzen nach bestem Wissen und Gewissen nutze, weil ich hinter dem Grundprinzip stehe, geistiges Gut allgemein zugänglich zu machen und hierbei auch meinen eigenen Beitrag leiste.
Ein einfacher Kommentar oder ein E-Mail-Hinweis hätte genügt, um mich auf einen fehlerhaften Bildnachweis aufmerksam zu machen – ich hätte ihn sofort behoben.
Ihr umfangreiches, fehlerhaft datiertes Standardschreiben hinterlässt bei mir hingegen den Eindruck, dass Sie Wikimedia.Commons gezielt dazu nutzen, Einkommen durch Abmahnungen zu erzielen. In meiner Welt nennt sich das Bauernfängerei und bezeichnet eine unlautere Geschäftspraktik.
Dafür spricht zum einen die unangemessen hohe Forderung von 180 Euro für eine monatliche Nutzung in einem privaten, nichtkommerziellen Blog. Zeitlich unbegrenzte Nutzungsrechte vergleichbarer Fotos lassen sich bei vielen Bilddatenbanken für weniger als 5 Euro erwerben (http://de.123rf.com/photo_
Zum anderen legt Ihr Angebot, die Gesamtforderung bei einer außergerichtlichen Einigung von 450 Euro auf 300 Euro zu reduzieren nahe, dass es ihnen nicht darum geht, Ihre Rechte zu wahren, sondern die Unwissenheit privater Blogger dazu nutzen schnelles Geld zu verdienen.
Aus diesen Gründen teile ich Ihnen mit, dass ich die von Ihnen vorgeschlagene Schadensersatzforderung für unangemessen halte und nicht begleichen werde. Stattdessen werde ich Ihre Forderung an meinen Rechtsbeistand weiterreichen.
Darüber hinaus werde ich Ihre Unterlassungserklärung nicht unterzeichnen, da ich damit einer durch Sie im Einzelfall zu bestimmenden Vertragsstrafe zustimmen müsste. Eine von mir abgeänderte Unterlassungserklärung geht Ihnen per Post zu.
Ihre 1falt